Pressemeldung des Verbands Deutscher Realschullehrer (VDR) vom 08.01.2018

Abkehr von der Sozialromantik – mehr Realismus in der Bildung

Böhm: Große Herausforderungen in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft verlangen 2018 in der Bildung eine Wende hin zum Realismus, keinesfalls eine Weiterführung der jahrzehntelangen fatalen Fehlentwicklungen, verursacht durch ideologisch motivierte Bildungsreformen

„Es ist endlich an der Zeit, dass man sich in Deutschland nach Jahrzehnten einer von Sozialromantik und ideologischen Grabenkämpfen bestimmten Bildungspolitik den großen Herausforderungen mit Realismus stellt und sich einer modernen Bildung zuwendet, die von Realpolitik und nicht von Wunschträumen bestimmt ist. Das Scheitern der falsch interpretierten Inklusion, die völlig unzureichenden Rahmenbedingungen für eine gelingende Integration oder die nur vordergründig betriebene Digitalisierung mit der wahnwitzigen Vorstellung, Computer könnten das pädagogische Personal an den Schulen ersetzen, sind Beispiele dafür, dass die Politik in Deutschland nach fünf Jahrzehnten noch immer nicht in der Realität angekommen ist. Jahrelang wurde durch ideologisch verbrämte Strukturreformen bzw. durch pseudopädagogische Neuerungen die Bildungsqualität gesenkt und Bildungsabschlüsse entwertet“, stellt Jürgen Böhm, Bundesvorsitzender des Verbandes Deutscher Realschullehrer (VDR), zu Jahresbeginn fest.

Böhm weiter: „In den vergangenen Jahrzehnten sind alle bildungspolitischen Neuerungen an der Realität gescheitert. Bestes Beispiel ist die Gesamt- bzw. die Gemeinschaftsschule, die sich durch Erfolglosigkeit und hohe Kosten auszeichnet. Der Preis der angeblichen Modernisierung ist hoch: Die differenzierten Bildungswege wurden abgeschafft, den Haupt- und Realschülern wurde ihre bestmögliche Förderung genommen, die Leistungsorientierung wurde aus den Schulen verbannt und die Eltern wurden extrem verunsichert, indem man ihnen das Märchen von der Bildungsgerechtigkeit durch die Einheitsschule vorgaukelte. Heute beklagt man massiv den fehlenden Nachkräftenachwuchs, nachdem man über Jahrzehnte hinweg den Wert der beruflichen Bildung in Deutschland negiert hat – alle sollten Abitur haben! Die Menschen in Deutschland fordern von den Schulabschlüssen eine klar definierte, hohe Bildungsqualität, so dass die Heranwachsenden mit der Ausbildungsreife eine echte Chance beim Übergang in die Berufs- bzw. Beschäftigungswelt haben, weil sie  den hohen Anforderungen auch gerecht werden können.“

Das Verwässern der Bildungsabschlüsse und die Inflation von Einserabschlüssen würden die sinkende Bildungsqualität verschleiern und schon gar keine Gerechtigkeit in unserm Land schaffen. „Aus zahlreichen Bundesländern werden Hilferufe laut, weil die Inklusion Unterricht unmöglich macht und die Schulen ihren Charakter als Bildungsstätten verlieren. Sie degenerieren zu Betreuungseinrichtungen.  Zigtausende Lehrkräfte fehlen, viele Schulbauten sind marode, Bildungsstudien belegen Jahr für Jahr, dass Deutschland vergleichsweise wenige Spitzenschüler hat, jedoch die Zahl der Risikoschüler, die kaum rechnen und lesen können, unverändert hoch bei über 20 Prozent liegt. Die Bildungspolitik versagt in vielen Bundesländern auf ganzer Breite. Nun soll die Abschaffung des Kooperationsverbotes helfen. Eine Augenwischerei, um zu verdecken, dass Deutschland den Charakter eines Bildungslandes zunehmend verliert. Viele Lehrkräfte sprechen bereits von verlorenen Schülergenerationen durch die fehlgeleitete Bildungspolitik in vielen Bundesländern. Deshalb fordern wir zu Beginn des Jahres 2018, 50 Jahre nach Beginn der von den 68ern initiierten gescheiterten Strukturreformen, dass wieder Realismus, auch und gerade in der Bildungspolitik, einkehrt. Was wir brauchen, ist eine klare realistische Einschätzung der Situation, eine Besinnung auf das, was die Vielfalt unseres föderalen Bildungswesens mit allem Bewährten ausmacht. Wer ständig an bildungspolitischen Symptomen herumdoktert, wissenschaftliche Erkenntnisse negiert und Leistung in der Schule verteufelt, wird am Ende international ins Hintertreffen geraten. Deutschland verliert auch hier an Boden. Es ist an der Zeit, dem Realismus in der Bildung Platz zu verschaffen und Fehlentwicklungen klar gegenzusteuern“, betont Böhm.

Pressekontakt: Jürgen Böhm, 0151 117 155 89

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