Kerstin Jonas an der Spitze der VDR-Frauenvertretung – Ein Gastbeitrag von Karlheinz „Carlo“ Kaden

Herzliche Verabschiedung von Marlis Tasser – Ergebnisreiche Fachtagung zum Thema „Stress und Stressbewältigung“ in Königswinter

Ein spannendes, in seiner gesellschaftlichen Bedeutung immer wichtiger werdendes Thema hatte Marlis Tasser, langjährige Vorsitzende der VDR-Frauenvertretung,  für die frauenpolitische Fachtagung des Jahres 2019 in Königswinter ausgewählt. Unter der Arbeitsüberschrift „ Gelassen und leistungsfähig – Der Blick ins eigene Ich“ war dazu im Zusammenspiel mit der für die Tagung gewonnenen Referentin Corinna Kriesemer ein Programm entstanden, das Einblicke in spezifische Persönlichkeitsprofile bot, in überschaubaren Schritten Stressfaktoren und -auslöser beschrieb sowie Strategien beinhaltete, um psychisch belastende Situationen professionell bewältigen zu können.

Auch mit der Verpflichtung von Kriesemer hatte Tagungsleiterin Tasser ihre Planungskompetenz unter Beweis gestellt. Die Referentin bewies in den zweieinhalb Tagen während des Seminarverlaufs eine enge inhaltliche Vertrautheit mit persönlichkeitspsychologischen Fragestellungen und Vorgängen. Auch gelang es ihr gut, durch hilfreiche Impulse und Anregungen angedachte Lösungen im Gruppengespräch weiterentwickeln zu lassen.

Von der Pflicht …

In den Tagungsablauf eingebettet waren die turnusgemäßen Vorstandswahlen für die Frauen-vertretung und zwei umfangreiche Informationsblöcke, in denen VDR-Bundesvorsitzender Böhm und Marlis Tasser aus der Arbeit der übergeordneten Gremien des VDR und des Deutschen Beamtenbundes berichteten. Mit einem hell leuchtenden Ergebnis sprachen die stimmberechtigten Anwesenden Kerstin Jonas vom hessischen Landesverband VDL ihr Vertrauen aus. Die Berlinerin Anja-Undine Kurz und Nicole Weiß-Urbach aus dem VRB Rheinland-Pfalz werden sie als Stellvertreterinnen während der laufenden Amtszeit unterstützen. Jonas arbeitet im hessischen Förderschulwesen, gehört der VDR-Frauenvertretung bereits seit 9 Jahren an und ist durch ihre hessische Vorstandsarbeit vor allem mit den dortigen Personalratsangelegenheiten vertraut.  Kurz ist Vorstandsmitglied ihres Berliner Landesverbandes und in vielen standespolitischen und dienstrechtlichen Fragen zu Hause. Weiß-Urbach nimmt Aufgaben im Vorstand des VRB Rheinland-Pfalz wahr, kennt sich in PR-Fragen aus und ist in der  frauenpolitischen Arbeit engagiert.

Böhm gratulierte den gewählten Kolleginnen, würdigte ihre Bereitschaft, für die kommenden Aufgaben zur Verfügung zu stehen und dankte insbesondere Tasser für ihr langjähriges konstruktives und ergebnisreiches Engagement. Auf ihre Initiative hin wurde während ihrer Amtszeit ein ästhetisch ansprechendes Logo entwickelt, in dem sich durch geschickte Ergänzungen auch VDR-Senioren und die VDR-Jugend repräsentiert sehen. Über viele Jahre hinweg hat sie die Interessen der VDR-Frauenvertretung im VDR-Bundesvorstand und in der Frauenvertretung des Deutschen Beamtenbundes (dbb) wahrgenommen. Von ihr vorbereitete Tagungen, z.B. zum Erstellen von Pressetexten oder dem Entwickeln und Einüben von Medienpräsenz vor Mikrofon und Kamera, hatten stets einen hohen Informationsgehalt und praktischen Nutzen. Tassers Entscheidung, die von ihr wahrgenommenen Aufgaben nach Überschreiten der Pensionsgrenze in jüngere Hände zu legen, stieß allgemein auf Verständnis und dennoch auch auf Bedauern.

Im Anschluss referierte Böhm über aktuelle Entwicklungen in der Bildungspolitik und in den Dachverbänden des VDR, dem dbb und dem Deutschen Lehrerverband. Optimistisch berichtete er von der geplanten Gründung einer VDR-Jugendorganisation, deren konstitutive Sitzung unmittelbar bevorstehe. Einen kritischen Blick warf er auf die jüngste PISA-Studie und Ihre Bedeutsamkeit für die Bildungspolitik in Deutschland. Das PISA-Messinstrumentarium  werde den föderalen Strukturen der Bundesrepublik nur bedingt gerecht. Ferner sei zu hinterfragen, von welchem Menschenbild die Studie ausgehe, wenn totalitäre Staaten wie China oder Singapur die Rolle schulischer Vorbilder einnähmen. Ebenso wenig wie den PISA-Ergebnissen konnte der Bundesvorsitzende der Einrichtung eines Nationalen Bildungsrates Vorteilhaftes abgewinnen. Eine Reihe von Bundesländern habe dessen Einrichtung bereits strikt abgelehnt. Vielmehr komme es darauf an, eine von der mittelständischen Wirtschaft unterstützte Forderung nach einem „starken mittlerem Bildungsabschluss“ umzusetzen. Ferner erneuerte Böhm seine Forderungen nach Einführung eines Faches „Ökonomische Bildung“ und der Vermittlung digitaler Kompetenz  und beklagte das nur langsame Vorankommen beim digitalen Ausrüstungsniveau der Schulen und die an vielen Orten unterentwickelte digitale Kompetenz.

Tasser referierte über personelle Veränderungen in der dbb-Frauenvertretung, gab dienstrechtliche Tipps, um schulische Belange und Ansprüche einer effektiven Personalvertretung zur Deckung zu bringen und machte auf eine Reihe frauenpolitischer Veranstaltungen im Jahr 2020 aufmerksam.

… zur Kür

Um die von Mensch zu Mensch unterschiedlichen Wahrnehmungs- und Deutungsstrategien plausibel zu erklären, machte die Referentin die Anwesenden mit dem „Vier-Quadranten-Modell“ des Gehirns nach Ned Herrmann vertraut. Darnach lassen sich Individuen in vier Gruppen – a) analytisch, mathematisch, technisch, logisch, quantitativ, rational, b) flexibel, neugierig, ganzheitlich, integrativ, risikobereit, abenteuerlustig, c) hilfsbereit, intuitiv, freundlich, kooperativ, kommunikativ, emotional und d) strukturiert, organisiert, beharrlich, planend, praktisch, kontrolliert – einteilen. Zusätzlich verspürt das Individuum „Innere Antreiber“ wie „Sei perfekt!“ oder „Beeil dich!“. Daraus leitet sich ab, dass jeder Mensch in Stress-Situationen spezifisch reagiert und es hilfreich sein kann, diese Unterschiede bei Team-Zusammenstellungen zu berücksichtigen.

Im nächsten Schritt wurde der Begriff „Stress“ inhaltlich gefüllt und nach dessen Symptomen und Begleitumständen gefragt. Stressfaktoren, stellten die Teilnehmerinnen fest, können Zeitdruck, Lärm oder die Angst, gestellten Anforderungen nicht zu genügen, sein. Nachteilig wirken sich auch „Zeitfresser“ wie Fernsehen, Trödeln, unnötige Telefonate oder Ablenkungen aller Art aus. Gegen letztere hilft das Einrichten fester Zeitblöcke wie das Festlegen von Aus- und Ruheperioden, das Delegieren von Aufgaben oder Dritten gegenüber Grenzen zu ziehen. Hilfreich für Stressgeplagte kann die Schaffung von Entspannungssituationen oder ein Vorrat an Belohnungen sein. Dazu können die Reduzierung von Terminen, Spaziergänge,  Meditationen oder das Führen eines Tagebuchs gehören. Ein wichtiges Etappenziel sei, kamen die Teilnehmerinnen nach Anleitung durch Kriesemer überein, die Entwicklung von Gelassenheit, ausgedrückt in der Erkenntnis: „Dinge, die ich nicht in der Hand habe, sollte ich akzeptieren und keine Energie verschwenden.“ Ein wichtiger Teilschritt auf dem Weg zur Gelassenheit beruht auf der Entwicklung eines realistischen Selbstbewusstseins. Einen überzeugenden Eindruck hinterließ bei allen Teilnehmerinnen Kriesemers Schlusszitat des Schrift-stellers Wolfgang Herbst: „Persönlichkeit ist, was übrig bleibt, wenn man Ämter, Orden und Titel von einer Person abzieht.“

Weihnachtliche Drachenburg

Dieser Tagungsbericht wäre unvollständig, wenn die abendliche Exkursion der Teilnehmerinnen zur Drachenburg keine Erwähnung fände. Das ungewöhnlich warme Dezemberwetter ließ kaum Weihnachtsstimmung aufkommen. Das änderte sich jedoch am zweiten Veranstaltungsabend mit dem Besuch des Schlosses Drachenburg, das als festlich beleuchtete Kulisse für einen stimmungsvollen Weihnachtsmarkt sorgte. Als könne der Brexit noch aufgehalten werden, empfahlen sich Händler, Gewerbetreibende und Künstler aus dem Vereinigten Königreich – dem Motto des Marktes folgend –  mit englisch-schottisch-irischen Kostproben aus Küche und Keller, Kunstgewerbe und musikalischem Erbe. Der von Marlis Tasser vorzüglich organisierte Ausflug verwies die Behauptung, Frauenvertretungs-Tagungen fänden ohne regionalen Bezug statt, endgültig ins Reich der Märchen.

Karlheinz Kaden

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