Planlos in das neue Schuljahr – und mit Vollgas an die Wand
Zu den am 18.06.20 bekanntgegebenen Beschlüssen der KMK zur Öffnung der Schulen für alle Schuljahrgänge nach den Sommerferien erklärt Jörg Leinberger, Vorsitzender des Verbandes der Lehrer Hessen VDL
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Gestern hat die Kultusministerkonferenz den Beschluss gefasst, dass die Schulen nach den Sommerferien zu einem regulären Schulbetrieb mit Unterricht nach geltender Stundentafel und in festen Klassen bzw. und Lerngruppen übergehen werden sollen; auf die Einhaltung von Abstandsregeln kann hierbei verzichtet werden. Daneben soll im Rahmen des Digitalpakts Schule und der KMK-Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ die Digitalisierung des Lehrens und Lernens vorangetrieben werden.
Das ist weder ein Plan A noch ein Plan B.
Es ist völlig unklar geblieben, was mit dem regulären Schulbetrieb in festen Lerngruppen („Modell Sachsen“?) gemeint ist – zumal in solchen Schulen und Schulformen, in denen sich die Schülerinnen und Schüler in wechselnden Kursen treffen (z.B. in integrierten Gesamtschulen) und damit keine festen Lerngruppen bestehen und auch nicht ohne weiteres geschaffen werden können. Hier geht es schließlich nicht nur um z.B. den Wegfall des konfessionsgebundenen Religionsunterrichts, sondern um die Hauptfächer.
Die Vorstellungen hinsichtlich „aktualisierter Schutz- und Hygienemaßnahmen“, auf die sich die KMK „rechtzeitig“ verständigen möchte, bleiben daneben ebenso im Nebulösen, wie auch die Rechtzeitigkeit einer entsprechenden Rahmenverständigung bezweifelt werden darf, die ja nach deren möglicher Bekanntmachung durch das hessische Kultusministerium noch mit Leben zu füllen wäre.
Die Pläne für das neue Schuljahr werden in den Schulen jetzt bereits vorbereitet. Schulleiter verstehen die Mitteilung als eine Aufforderung zur Rückkehr zum Schulbetrieb „vor Corona“, da ihnen für alles andere die Handreichungen fehlen.
Damit wird billigend in Kauf genommen, dass aufgrund der Vermischung von Schülergruppen, die ohne die rechtzeitige Entwicklung von geeigneten Konzepten stattfinden wird, die Infektion einzelner Schüler die Ansteckung der ganzen Schule zur Folge haben kann – und die Schließung der Schule nach sich zieht, wie es bereits in Wuppertal oder Magdeburg beobachtet werden konnte: Mit den bekannten Konsequenzen für die Durchführung des Home Schoolings.
Hierfür wurde nämlich ebenfalls kein Konzept als Plan B entwickelt – es gibt nur den ebenso nebulösen Hinweis auf alte Digitalisierungspläne, die seit deren Auflegung jedenfalls bisher nicht dazu geführt hatten, dass der Unterricht nach den Schulschließungen reibungslos weiter ging.
Wenn man sich zudem vor Augen hält, dass nach Aufhebung der Reisewarnungen und der allgemeinen Corona-Einschränkungen-Müdigkeit die Gefahr einer Ansteckung eher wieder im Steigen ist – und im Übrigen schon vor einer zweiten Infektionswelle gewarnt wird – ist die Wahrscheinlichkeit für die Notwendigkeit entsprechender Planungen hoch. Die Gefahr ist damit groß, dass es zu einer Situation kommt, die mindestens so schlimm wird wie in diesem Frühjahr.
Die Schulen, die Lehrer und in der Folge die Schülerinnen und Schüler werden im Regen stehen gelassen. Das haben sie nicht verdient.