Stellungnahme des Landesvorsitzenden zu Corona, den Schulöffnungen und des Leopoldina-Gutachtens

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

lesen Sie nachfolgend  oder als praktischen Download die Stellungnahme unseres Landesvorsitzenden Jörg Leinberger rundum Corona und Schule.

 

Wie soll es mit der Schule weitergehen? – Stellungnahme des VDL zur Verpflichtung der Schülerinnen und Schüler zur Durchführung von Leistungen und zu deren Beurteilung während der Schulschließung

Der VDL Hessen fordert ein eindeutiges und klares Konzept seitens des Kultusministeriums für den Rest des Schuljahres 2019/2020 zum Umgang mit schulischer Versorgung und den Leistungen der Schülerschaft sowie hinsichtlich der hygienischen Vorsorge in den Schulen, damit der Schulbetrieb sicher wieder aufgenommen werden kann.

Der Landeselternbeirat forderte es bereits Mitte März, der Hessische Kultusminister Lorz bekräftigte es in seiner Ansprache in der vergangenen Woche: die erbrachten Leistungen der Schülerinnen und Schüler in der corona-bedingten Homeschooling-Zeit sind als freiwillig zu betrachten und nicht zu bewerten. Es ist bedauerlich, aber nicht mehr zu ändern, dass alle Beteiligten, d.h. Schülerinnen und Schüler wie auch die Lehrer, diese Information erst so spät erhalten haben. Die meisten gingen vor dem Hintergrund der Schulpflicht sicher davon aus, dass die Homeschooling-Maßnahmen nicht freiwillig waren.

Es gilt nun aber nach vorne zu schauen und sich die Frage zu stellen, wie es mit dem Schulbetrieb bis zu den Sommerferien weitergehen kann. In den Nachbarbundesländern gibt es bereits erste Pläne, wie der Unterrichtsalltag in mehreren Szenarien sukzessive wieder hochgefahren werden kann. Auch die Leopoldina hat in ihrer vielbeachteten Stellungnahme vom 13.4.2020 Vorschläge gemacht, wie die Bildungsbereiche schrittweise wieder geöffnet werden könnten. Das Hessische Kultusministerium verspricht, am 15.04.2020 verkünden zu können, ob der Unterricht am 20.04.2020 wieder für alle Schüler*Innen startet oder ob es bis zum Ende des Schuljahres andere Regelungen geben wird.

Der VDL hat Verständnis dafür, wenn auch am 15.4.2020 noch kein Datum für einen „Normalbetrieb“ für die Schulen genannt werden kann.

Zwei Szenarien sind wahrscheinlich:
a) Schrittweiser Beginn ab dem 20.4.2020
b) Schrittweiser Beginn zu einem späteren Zeitpunkt

Unabhängig von der Frage, ob der Beginn des Schulbetriebes nun auf den 20.4. oder den 4.5. oder einen späteren Zeitpunkt fallen soll, darf eine sehr wichtige Überlegung nicht weggelassen werden, nämlich der Schutz von Lehrerinnen und Lehrern vor Ansteckung. Hierbei darf nicht vernachlässigt werden, dass eine große Zahl von Lehrkräften, sei es aufgrund ihres Alters, sei es aufgrund von Vorerkrankungen, zur sog. Risikogruppe zählen dürfte. Selbst wenn COVID 19-Erkrankungen bei Kindern offensichtlich nur selten einen schweren Verlauf nehmen, gilt dies nicht für deren Lehrkräfte, die durch den Kontakt mit Schülern angesteckt werden können.

Der zweite Punkt betrifft die Sicherstellung des vorgeschriebenen Mindestabstands in den Schulen, ob in Klassenräumen, Treppenhäusern, Schulhof, Lehrerzimmer, Toiletten, Fachräumen, in der Verwaltung usw. Gerade Grundschüler und Schüler der Sekundarstufe 1 dürfte es praktisch nur schwer zu vermitteln sein, dass und wie sie die Abstandsregeln stets einhalten. Angesichts kleiner Klassenzimmer dürfte auch eine Halbierung der Klassen häufig nicht ausreichen, um den notwendigen Abstand während des Unterrichts zu gewährleisten, von den Pausen ganz zu schweigen. Hier scheint den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Leopoldina die nötige Praxiserfahrung zu fehlen, die annehmen, dass bereits Grundschüler bereit und in der Lage sind, sich fortwährend den geltenden Regelungen zu unterwerfen. Hierfür müssen Konzepte erstellt werden, die auch den Umgang mit schwierigen (räumlichen) Situationen und Schülern nicht ausklammern.

Als dritten Punkt möchten wir unser Anliegen vortragen, dass sicherzustellen ist, dass in den Schulen von allen Personen eine Maske getragen wird. Dies dürfte umso schwieriger sein, je jünger die verpflichteten Schülerinnen und Schüler sind, vom Umstand abgesehen, dass es aktuell gar nicht genügend Masken gibt, um alle Betroffenen mit mehreren (waschbaren) Exemplaren auszustatten. Im Übrigen muss in den Schulen jederzeit die Möglichkeit bestehen, sich die Hände waschen und abtrocknen zu können, d.h. dass in ausreichendem Umfang Seife und Papierhandtücher vorzuhalten sind; auch diese Selbstverständlichkeit ist nach unseren Erfahrungen leider nur in Ausnahmefällen vorzufinden. Daneben halten wir es für erforderlich, zusätzlich Desinfektionsmittel bereitzustellen.
Wenn diese drei oben genannten Punkte nicht erfüllbar sind, lehnt der VDL einen, auch schrittweisen, Beginn des Schulbetriebs ab!

Wenn die drei Punkte jedoch erfüllt sind, könnten wir uns vorstellen, in den Grundschulen den Unterricht mit den vierten Klassen und in den weiterführenden Schulen mit den Abschlussklassen 9 und 10 wieder aufzunehmen. Die ZAA ist, nach unserer Vorstellung, ähnlich wie das schriftliche Abitur ebenfalls durchzuführen.
Für die anderen Klassen müssen für das Homeschooling klare Regeln erstellt werden:

  • verpflichtende schulische Lernangebote für alle Schülerinnen und Schüler! Es muss Konzepte geben, wie auch denjenigen Schülern Angebote gemacht werden können, denen entweder die notwendige elterliche Unterstützung oder denen die für digitale Lernangebote notwendige technische Ausrüstung fehlt. Vor der Nutzung digitaler Angebote ist der Stand der vorhandenen Hard- und Software daher diskriminierungsfrei zu erheben und das Angebot darauf auszurichten. Gerade in Hessen mit seiner Lehrmittelfreiheit müssen Wege gefunden werden, wie die Versorgung dieser Schüler mit Computern und ggf. Internetzugängen sichergestellt werden kann. Mit Handys allein, die in den meisten Fällen vorzufinden sind, kann jedenfalls kein Unterrichtsbetrieb aufrechterhalten werden. Alternativ sind analoge Lehr- und Lernmittel zu gestalten und per Post zu versenden bzw. erledigte Arbeiten von den Schülerinnen und Schülern zurückzuschicken. Aus unserer Sicht ist es darüber hinaus erforderlich, dass die Lehrkräfte ihren Schülerinnen und Schülern auch direkt für den Austausch zur Verfügung stehen, etwa über Telefonate, Telefonkonferenzen oder Zoom-/Skype-Konferenzen.
  • Beurteilung von Leistungen der Schülerinnen und Schüler – in der corona-bedingten Homeschooling-Zeit! Dies setzt einheitliche Wege der Kommunikation (z.B. über LANIS), Kontrollen der Arbeitsaufträge mit Terminsetzung und klare Beurteilungsmaßstäbe voraus.
  • klare Richtlinien für die Vergabe von Zeugnisnoten auch unter Berücksichtigung von mündlichen Noten
  • deutliche Aussagen zum Thema „Versetzung“!

Auch hier unsere Aussage: Ohne entsprechende Konzepte und klare Vorgaben ist Homeschooling wenig sinnvoll und führt nur zu einer weiteren Spreizung des Leistungsspektrums der Schüler, die nicht gewollt sein kann.
Wir vom VDL stehen an der Seite des Ministeriums. Wir werden alles Mögliche versuchen, um in dieser Lage Schule und Unterricht für die Schülerinnen und Schüler zu realisieren, auch mit kreativen Ansätzen. Gerne bringen wir uns mit Diskussionsbeiträgen und Vorschlägen ein.
Wir bitten aber unsererseits nachdrücklich darum, dass klare Regelungen getroffen werden und die Gesundheit aller Beteiligten geschützt wird!

gez. Jörg Leinberger, Landesvorsitzender des VDL Hessen

200414_Stellungnahme VDL Corona

Wir hoffen, dass es am 15.04.2020 ein paar klärende Worte aus dem Kultusministerium geben wird, wie es in den Hessischen Schulen weitergehen soll und wann.

Herzliche Grüße und bleiben Sie gesund!

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