Differenzierte Bildung statt Gleichmacherei

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Mainz, 26. April 2018

Jetzt realistische und differenzierte Bildung umsetzen und fatale Gleichmacherei beenden

Mainzer Forderungen des 24. Bundesrealschultag des VDR – klares Bekenntnis für starke und zukunftsfähige Bildung in Deutschland

 „Bildung in Deutschland darf nach einer Periode der ideologisch geführten Bildungsdiskussion nach 1968 und nach dem Reformchaos nach PISA nicht weiter zu einem Experimentierfeld für realitätsferne Reformen im Bildungsbereich verkommen. Die Menschen in unserem Land spüren die großen Herausforderungen, die auf uns alle in Zukunft zukommen und fordern für die heranwachsende Generation eine klare und vor allem an den Realitäten orientierte Bildungspolitik“, so Jürgen Böhm, der Bundesvorsitzende des Verbandes Deutscher Realschullehrer (VDR), vor Beginn des 24. Bundesrealschultages in Mainz.

Im Vorfeld veröffentlichten der VDR und sein schleswig-holsteinischer Landesverband ivl-sh eine repräsentative FORSA-Umfrage zu den Bildungsentwicklungen in den vergangenen Jahren im Norden Deutschlands. Exemplarisch werden klare Missstände und Handlungsfelder deutlich. Über 66 % der Befragten beurteilten das jetzige sogenannte gemeinsame längere Lernen von ehemaligen Sonder-, Haupt-, und Realschülern als nicht gut im Hinblick auf die Qualität des Unterrichtes. Eine überdeutliche Mehrheit von 78 % der Bevölkerung Schleswig-Holsteins sprach sich gegen die derzeit praktizierte automatische Versetzung auch mit mehreren mangelhaften oder ungenügenden Fächern aus. Die Menschen fordern klare Leistungskriterien. Deutlich lässt sich nach 10 Jahren Gemeinschaftsschule in Schleswig-Holstein feststellen: Diese Schulform ist nicht in der Bevölkerung angekommen und damit in ihrer jetzigen Form gescheitert. „Die Ergebnisse der Befragung überraschen mich nicht. Bundesweit verlangen Eltern vor allem qualifizierte Abschlüsse und differenzierende Bildungsangebote“, so Böhm weiter.

Ganz klar bekennen sich die Menschen in Bayern und Baden-Württemberg (mehr als 78 Prozent der Bevölkerung) zu differenzierten Bildungsangeboten, zu Übergangsmöglichkeiten in die qualifizierte berufliche Bildung und qualitativ hinterlegten Abschlüssen, wie dem Realschulabschluss. FORSA-Untersuchungen aus den Jahren 2015 und 2017 bestätigen dies eindrucksvoll (siehe Anlagen).

Der Preis, der Entwicklung ist hoch: Die differenzierten Bildungswege wurden abgeschafft, den Kindern wurde ihre bestmögliche Förderung genommen, die Leistungsorientierung wurde aus den Schulen verbannt und die Eltern wurden extrem verunsichert, indem man ihnen das Märchen von der Bildungsgerechtigkeit durch die zentralistische Einheitsschule vorgaukelte. Heute beklagt man massiv den fehlenden Nachkräftenachwuchs, nachdem man über Jahrzehnte hinweg den Wert der beruflichen Bildung in Deutschland negiert hat – alle sollten Abitur haben! Die Menschen in Deutschland fordern von den Schulabschlüssen eine klar definierte, hohe Bildungsqualität, so dass die Heranwachsenden mit der Ausbildungsreife eine echte Chance beim Übergang in die Berufs- bzw. Beschäftigungswelt haben, dass sie den zunehmenden hohen Anforderungen auch gerecht werden können. Die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung muss jetzt mit klaren Maßnahmen belegt werden und darf kein Lippenbekenntnis der Politik bleiben.“

In einem Sechs-Punkte-Katalog formuliert der VDR klare Kriterien für eine realistische Bildung in unserem Land.

 

Unsere Forderungen:

 

  1. Differenzierung

 

Differenzierte Bildungsgänge nach Neigung und Leistung sind nachweislich die sinnvolle und zukunftsfähige Möglichkeit, junge Menschen angemessen und individuell zu fördern. Inklusion an Regelschulen kann nur mit Maß und mit Verantwortung für das einzelne Kind geschehen.

 

  1. Leistung

 

Der Leistungsgedanke muss an Schulen zentral sein. Dazu brauchen wir klare Leistungskriterien für Übergänge im differenzierten System und natürlich weiterhin transparente Notenstufen, die auch Konsequenzen für das Fortschreiten im Bildungsgang haben.

 

  1. Bildungsabschlüsse

 

Bildungsabschlüsse müssen als Qualitätssiegel gelten. Die Menschen in unserem Land sind vom zukunftsgerichteten Realschulabschluss als qualitativem mittleren Bildungsabschluss überzeugt und die Wirtschaft sucht händeringend qualifizierte und ausbildungsreife junge Menschen für immer anspruchsvollere Ausbildungsgänge. Mit dem Realschulabschluss muss auch reale Bildung verbunden sein.

 

  1. Digitalisierung

 

Mit der Digitalisierung sind alle Schulen gefordert, junge Menschen fundiert und qualifiziert auf diese fundamentale Veränderung unserer Gesellschaft vorzubereiten. Chancen und Risiken müssen den jungen Menschen vor Augen geführt werden. Wir müssen in unseren Schulen zu einer Kultur der umfassenden „digitalen Aufklärung“ beitragen. Die Politik wird aufgefordert, die Rahmenbedingungen (Infrastruktur, Ressourcen, …) bereitzustellen.

 

  1. Bildungsföderalismus

 

Die Bildung in Deutschland basiert auf dem Bildungsföderalismus. Nur dadurch können regionale Gegebenheiten sinnvoll und authentisch in die Bildungspolitik integriert werden. Qualität wird nicht durch das Überstülpen von gleichmachenden Normen erreicht, sondern durch vielfältige Angebote in der Bildungslandschaft, die im Wettbewerb stehen.

 

  1. Attraktivität des Lehrerberufs

 

Lehrerbildung muss von Anfang an differenziert sein und auf die unterschiedlichen Bildungswege abzielen, um die Schüler optimal und individuell fördern zu können. Alle Lehrkräfte an Realschulen und im Sekundarbereich müssen eine Eingangsbesoldung von A13 erhalten und sollen verbeamtet werden.

 

 

Pressekontakt: Waltraud Erndl erndl@vdr-bund.de

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